Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Ebenfalls im Rahmen meines Studiums auch im November 13 geschrieben.

Hier war die Aufgabe einen Schriftsteller zu kopieren. Die ganze Aufgabenstellung während dieser Arbeiten bezog sich auf Märchen und Fantasy

 

Im Übrigen ist mir das laut Bewertung meiner Professorin sehr gut gelungen . Ich hoffe Ihr seht das genauso.

 

In Anlehnung an die Geschichten von J. R. R. Tolkien. Eine Erzählung, die auch Bilbo Beutlin niedergeschrieben haben könnte.

 

Ich sitze auf dem warmen Stein, einer mit Flechten überwachsenen Bank im hellen Sonnenlicht, mitten in einer blühenden Landschaft. Rings um mich herum, erheben sich sanfte Hügel und im Hintergrund die majestätischen Berge des Traumwaldgebirges.  Die Vögel singen ihr fröhliches und einzigartiges Lied und wieder einmal wird mir klar, warum dieser Höhenzug in der verborgenen Welt, diesen Namen trägt. 

Auf meinem Schoß liegt aufgeschlagen das Buch meines Onkels, über unsere Geschichte, die er niedergeschrieben hat.  Er hat es mir hinterlassen, damit ich erfahre, dass es auch andere, düstere Tage in meiner Heimat gegeben hat und wie eine zarte und schöne Frau meine schöne friedliche Welt rettete. Voller Spannung lese ich weiter:

 

 

Ich  erinnere mich noch gut an die Zeit, als dieser alles verschlingende Nebel über das Land gezogen war.  Er schlug einem aufs Gemüt, zog alle positiven Gedanken aus einem heraus, nahm sie mit sich hinein in das Nichts. Alles lag im tristen Grau verborgen und nicht nur das, es herrschte überall eine Grabesstille, die einem die Seele erfrieren ließ.

Viele Jahre herrschte nun schon Krieg. Doch bis jetzt hatte es das Schicksal nicht geschafft, den Bewohnern des Dorfes, die Hoffnung zu nehmen. Bis zu jener Zeit.

Der Dunkle Lord hatte diesen Nebel über das Land gelegt und wollte mit dieser immerwährenden Depression, die Seele aus dem Leib der Bewohner pressen, dann wenn dies Vollbracht war, würde er Herr über das Land sein.

 

Dann war sie gekommen und niemand hätte geglaubt, dass ausgerechnet eine Frau, noch dazu eine, die aus einer fernen Zukunft kam, Hoffnung für das Traumwaldgebirge bringen würde.

Iola war eine hübsche, junge Frau. Anmutig und zart waren ihre Züge, sie sah nach allem aus, aber ganz gewiss nicht nach einer Kriegerin, eher schon, nach der Priesterin, zu der sie ebenfalls ausgebildet worden war.  Man erzählte sich, dass der Sohn des Burgvogts sie aus einem Brunnen gefischt hatte. Sie war durch die Zeit gereist und dort gelandet, nachdem sie in der Zukunft in eine heilige Quelle gestiegen war.

 Schon kurz nach ihrem Eintreffen im Traumwaldgebirge, hatte sie das Herz des Landvogts für sich gewonnen. Sie ließ sich nichts von den Männern diktieren, sondern wollte ganz neue Methoden einführen. Möglicherweise, war es das, was dem Burgherrn gefiel. Seine erste Frau, die vom Dunklen Lord entführt und getötet worden war, war da ganz anders gewesen. Der Vogt war ein guter Mann und die Leute wünschten ihm, dass er glücklich war. Er hatte zwar zwei Söhne im heiratsfähigen Alter, war aber selber im besten Mannesalter, zu jung um allein durchs Leben zu gehen.

 

Schon bald zerrissen die Leute sich das Maul über Iola. Sie sah Dinge, die andere nicht sahen und das Volk munkelte, sie hätte den Vogt verzaubert. Es war schlichtweg unerhört, was die Fremde forderte. Zum Entsetzen der Männer wollte sie, dass ihre braven Frauen zu den Waffen greifen und kämpfen lernen sollten. So hatten es die Bediensteten an der Tafel des Herrn aufgeschnappt und die Neuigkeit verbreitete sich schnell an den Feuern der Leute.

Dabei wusste doch jeder, dass Frauen nicht zum Kämpfen geschaffen waren. Ihre Aufgabe war es, Kinder zu gebären, sie zu erziehen, das Feuer zu hüten und zu kochen. Niemand bekannte, dass es fast unmöglich geworden war das feuchte Holz zu entzünden. Das der Nebel ein Abziehen des Rauches unmöglich gemacht hatte und man kaum atmen konnte, ohne dass einen der Qualm zu ersticken drohte.

Das Dorf spaltete sich bald in zwei  Lager, die einen standen voll und ganz auf Iolas Seite, die anderen wollten sie am liebsten wieder loswerden.

„Bisher waren euch die Dunklen immer bei weitem überlegen.  Bei ihnen kämpfen die Frauen in der Schlacht mit. Hier sind die Männer damit beschäftigt, ihre Frauen zu beschützen und sie machen sich Sorgen um sie. Das schon allein stellt eine Schwäche des Heeres dar. Die Frauen hingegen sind nicht einmal fähig sich zu verteidigen und es bleibt ihnen nichts übrig, als ihre gefallenen Männer und Söhne zu beweinen“, erklärte sie.

Der Vogt ließ die Köchin kommen. „Wenn du die Wahl hättest, was würdest du tun? Würdest du in die Schlacht ziehen und kämpfen, oder willst du hier verharren und auf deinen Mann warten?“

Sie hatte den Kopf gehoben und es schien, als wäre sie ein paar Zentimeter gewachsen. „Ich würde kämpfen“, antwortete sie, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Genauso antworteten auch die anderen Dienerinnen in der Burg.

Das Dorf war aufgebracht und schon bald hatte eine heimliche Revolution begonnen. Die Frauen wollten sich verteidigen und kämpfen, letztendlich stimmte der Lord zu und das Training begann.  

Auch wenn viele Männer mit dieser Entscheidung nicht einverstanden waren, gehorchten sie ihrem Herrn dennoch. Er hatte sie stets mit Weisheit und Gerechtigkeit regiert und er hatte sein Leben schon so oft für sein Volk riskiert, dass sie ihm bedingungslos Folge leisteten.

Sicher hatten es sich die Frauen einfacher vorgestellt und ihre erste Euphorie schwand mit jedem neuen blauen Fleck, aber Iola ging mit leuchtendem Beispiel voraus. Wie ein Irrwisch suchte sie sich beim Training immer gleich mehrere Kampfpartner auf einmal.

Es stellte sich bald heraus, dass die Entscheidung des Burgvogts richtig war.

Dem Dunklen Lord ging es nicht schnell genug. Er glaubte er würde ein leichtes Spiel haben, denn er wusste, dass sein Zauber die Bevölkerung des Traumlandgebirges geschwächt hatte. 

Iola aber, hatte den Angriff vorausgesehen und man hatte Vorkehrungen getroffen. Sie waren zwar alle gleichermaßen erschrocken, als das Horn der Torwache erklang und den Angriff des Feindes meldete, aber jeder war vorbereitet und wusste, wo sein Platz war.

 Im Gegensatz dazu, war die Horde des Dunklen Lords überrascht, über den gut geplanten Widerstand. Ein Eindringen in die Burg und das Dorf, war unmöglich für sie. Leider fielen  bei dem Angriff ein paar gute Männer, aber es waren nur wenige Opfer zu beklagen. Die Armee von Frauen stärkte ihren Kriegern den Rücken und die Verteidigung hielt stand.

Dank Iola, musste das Dunkle Heer unverrichteter Dinge, mit einer drückenden Niederlage wieder abziehen. Am Nächsten Morgen, als die Verletzten versorgt und die Spuren des Kampfes größtenteils beseitigt waren, sah man Lord Duncan und Iola, Hand in Hand, auf der Wehrmauer stehen. Es waren die Frauen, die als erste ihre Hände empor streckten und den Beiden zujubelten, bis die Männer mit einstimmten.

 

Kleine Lücken hatten sich im Nebel aufgetan und gaben winzige Flecken blauen Himmels frei und durch diese Lücken im tristen Grau, floss der Sonnenschein schwach, aber stetig in die Herzen der Menschen zurück und gab ihnen neue Hoffnung.

 

 

Ich schlug das Buch mit einem Seufzen zu und ließ meine Blicke über die herrliche Landschaft schweifen. Heute hatte ich keine Zeit mehr, aber ich war schon gespannt auf die nächsten Geschichten, die mein Onkel erlebt und niedergeschrieben hatte. 

 

 

Die Größe des Lichts

 

Ein Vögelein flog hoch im Sonnenschein.

Ich träumte davon bei ihm zu sein.

 

Der Vogel flog weit, hinein in den Wald,

dort war es finster und es merkte bald:

Je höher die Bäume dem Himmel zu strebten,

um so weiter die Schatten, die Gräser umwebten.

 

Dort unten gefiel es dem kleinen Wicht nicht.

Er wollte zurück, hinauf in das Licht.

Der Vogel flog weiter, in die große Stadt hinein,

Aber auch dort, wollte er nicht sehr lange sein.

Schattig und dunkel am helllichten Tag,

Man meint das die Sonne, riesige Mauern nicht mag.

 

Durch enge Gassen hinaus auf die Wiesen,

sah er bunte Blumen sprießen.

Eine Silberdistel so selten und klein,

so kann wahre Schönheit nur sein.

 

Da wo Menschen nach Größe streben,

müssen viele Andere in ihrem Schatten leben.

Die Macht des Lichtes liegt im Kleinen,

denn dort wird sie das Einzigartige bescheinen.

 

*****

wurde veröffentlicht in der Frankfurter Bibliothek  2013

____________________________________________

 

Dieses Gedicht wird  in der Frankfurter Bibliothek 2015 veröffentlicht. (das ist ein Sammelwerk das in allen namhaften Bibliotheken der Welt  erscheint, z.B. Nationbibliothe Washinton, Paris, London, Bern, Wien ....)

 

Vertrauter Feind

 

Ganz tief in meiner Seele drinnen, wohnt mein vertrauter Feind.

Und wenn ich ihn verbannen möchte, er umso näher scheint.

 

Oft glaube ich in dunklen Stunden, verhöhnt er mich und lacht,

heimlich lässt er mich erahnen, mein Schicksal wär mir zugedacht.

 

Komm zu mir Freund, ich nehm‘ dich willig mit, in meine dunkle Kammer.

Denn auf der Welt will‘s niemand hör’n, dein ewiges Gejammer.

 

Noch tiefer geht es, immer runter und dennoch klingt die Stimme süß.

Ich würde ihr so gerne folgen, wenn der Verstand mich gehen ließ.

 

Nicht weiter gehen, so rät er mir,  lass dich nicht weiter ziehen,

Sonst wirst du aus dem Reich der Schatten, nie wieder mehr entfliehen.

 

Jetzt hör ich ihn schon wieder lachen, den niemand sieht und kennt,

ihn dessen schwarze Kerze in meiner Seele brennt.

 

Auf meinem Weg durch dunkle Täler, kämpf ich mit mir allein.

Ich frage mich was bist du, Wahrheit, oder nur ein Schein?

 

Nie soll jemand von dir wissen, niemand dich kennen mein zweites Ich.

Ich weiß wir sehen uns wieder, doch zurück schau ich nicht.

Auf dieser Seite möchte ich Euch immer wieder Einblicke in verschiedene Gedichte, Kurzgeschichten und natürlich auch Werke, an denen ich aktuell arbeite, anbieten. Eben ein Fenster in meine Schreibstube...

 

Diese Geschichte ist während meines Studiums bei der Cornelia Goethe Akademie im November 2013 entstanden. Die Aufgabenstellung war ein modernes Märchen zu schreiben. Laut meiner Professorin ist mir  das nur zum Teil gelungen, aber ich finde die Geschichte schön ...

...und allen die sich im Nordschwarzwald auskennen, als Vorlage diente mir die Ruine Waldeck, bei Bad Teinach.

 

Rabenstein  

 

In den Tiefen des Schwarzwalds, dort wo es nur wenige vermuten, stehen die Überreste einer alten Burg. Niemand kann die alten Steine sehen, außer man steht unmittelbar davor. Sagen und Geschichten ranken sich um die alten Mauern. Einst waren es sieben Burgen gewesen, allesamt gut verborgen in den dunklen Wäldern. Nur die Ruine Rabenstein ist heute noch deutlich erkennbar, alle anderen sind bis auf wenige bemooste Steine mit der Natur verschmolzen.

Vor siebenhundert Jahren, waren sie allesamt bewohnt. Die Herren dieser Burgen waren Raubritter gewesen. Sie verbreiteten Angst und Schrecken, besonders in dem nahegelegenen Kloster. Der Hauptmann der Wilden Horden lebte auf der größten der sieben Burgen, der Burg Rabenstein. Er hatte drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.

Irgendwann einmal hatten es die Räuber wieder einmal übertrieben. Sie schändeten die Kirche im Kloster und bestahlen ihre Ländereien. Zwar gaben sie von den erbeuteten Schätzen an die armen Leute des Volkes weiter, aber die Herren des Landes waren keineswegs begeistert.

Man stellte eine Armee zusammen und weil alles so kommt, wie es kommen musste, konnte man die beiden Söhne des Hauptmannes gefangen nehmen. Der Burgherr seinerseits reagierte mit Gewalt und Grausamkeit. Das gemeine Volk litt unsäglich unter den Grausamkeiten der Raubritter. Hatten sie vorher den Leuten geholfen, so taten sie nun das Gegenteil. Sie brandschatzten und quälten, wo sie nur konnten.

Schließlich sandte der Graf der am nächstgelegenen Stadt einen Boten aus. Der Räuberhauptmann, sollte seine Söhne zurückbekommen, wenn er dafür seine Tochter ins Kloster schickte. Sie sollte in Demut dienen und um Widergutmachung für ihren Vater beten.

Weil er seine Söhne vielmehr liebte, als seine Tochter willigte er ein. Die junge Frau aber, war so sehr in einen jungen Mann von einer anderen Burg verliebt, dass sie lieber sterben wollte, als auf ihre große Liebe zu verzichten und ins Kloster zu gehen. Aus purer Verzweiflung stürzte sie sich von den Zinnen der Burg in den Tod. Man erzählt sich, dass der Bursche seitdem ruhelos im Wald umhergeht, immer auf der Suche nach seiner verlorenen Liebe.

 

Nun sind die Zeiten der Raubritter schon lange vorbei, die Burg wurde im Laufe der Zeit mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Zuletzt wurden die Überreste der Burg liebevoll restauriert und heute kann man dort nach Absprache mit der Gemeinde Feste feiern, wenn man die nötige Kaution bezahlt, aber wenn der Wind durch die alten Mauern weht, kann man die Tochter des Hauptmannes weinen hören und man sagt, wer es hört, dem ist es vergönnt sein Schicksal zu ändern, so wie Lisa es erlebte:

 

Die Frau setzte sich auf die Steine, die vor mehr als siebenhundert Jahren hier aufeinander gebaut worden waren und versuchte mühsam wieder zu Atem zu kommen.

Schon oft hatte sie sich gefragt, wie man damals wohl in der Lage gewesen war, auf einer Bergkuppe mitten im Wald eine Burg von dieser Größe zu bauen.

Es war ein mystischer Ort. Früher war sie oft hier her gekommen. Jetzt schon lange nicht mehr. Damals war ihr der Weg hier herauf auch nicht so anstrengend vorgekommen.

Ein Mann kam um die halb eingefallenen Mauerreste auf sie zu. Er war groß, dunkelblond und von sportlicher Statur. Seine Arme waren bernsteinfarben gebräunt und er trug einen riesigen grauen Trekking-Rucksack mit einem zusammengerollten Schlafsack. 

Angestrengt versuchte Lisa ihre Schnappatmung und das gewaltige Heben und Senken ihres Brustkorbes unter Kontrolle zu bekommen. Schließlich wollte sie sich doch nicht vor diesem gutaussehenden Fremden blamieren. Es gelang ihr nicht völlig, denn er sah sie an und fragte mit seiner dunklen, sanften Stimme: „Geht es ihnen gut?“

Sie hatte sicherlich diese weißen Flecken im Gesicht, die sie immer bekam wenn sie sich überanstrengte. „Hm!“ nickte sie und lächelte freundlich zurück.

„Okay!“ Er schaute sie noch einmal an und lief weiter. Schnell war er verschwunden und sie hing wieder ihren Gedanken nach. Zuvor schnappte sie noch kräftig nach Luft. Einige Sekunden später wäre sie wahrscheinlich blau angelaufen.

 

Sie fühlte sich schon eine Weile nicht mehr wohl, aber so schlecht ging es ihr noch nie. Sie hatte aufgehört zu laufen, weil sie so schnell außer Atem kam. Erst wollte sie nicht aufgeben und war weiterhin jeden Tag ihre Kilometer gelaufen. Aber als sie selbst auf ebenen Strecken außer Atem kam, hatte sie es gelassen. Dann hatte sie auch immer dieses beklemmende Gefühl im Brustkorb und ihr wurde schlecht. Sie spürte das Pochen in ihren Adern und ihre Beine waren schon am Morgen geschwollen.

Seit kurzem hatte sie diese Ahnungen.  In ihrem Innern kämpfte sie mit dem Wissen, dass sie bald sterben würde und der Verdrängungstaktik, dass das alles nur Panikattacken von einer Frau, am Anfang der Wechseljahren waren.

Schon öfter hatte sie sich gefragt, ob die Krähe die ständig bei ihr im Kirschbaum saß, Jacob war, die Krähe die sie gesund gepflegt hatte. Aber Jacob hatte sich nun sechs Jahre nicht mehr sehen lassen. Und heute als die Krähe, wie ein dunkler großer Schatten, direkt an ihrem Fenster vorbei geflogen war, um sich auf das Geländer von der Veranda zu setzen, da fiel es ihr wieder ein, dass die Krähen die Seelen der Menschen hinüber, über den Strom des Lebens in ein anderes Reich trugen. Dieses Wissen hatte sie von ihrer Großmutter. Die Leute hatten behauptet sie sei eine Hexe gewesen. Vielleicht war sie das. Aber sie war der Mensch gewesen, der sie mit aller Liebe, die er im Herzen besaß, groß gezogen hatte.

Nun saß sie da, in diesen uralten Mauern. Sie war vollständig zur Ruhe gekommen und horchte in sich hinein. Erst vor einem Jahr war sie beim Kardiologen gewesen und der hatte ihr bestätigt, dass alles in Ordnung war. Aber sie spürte doch, dass der Tod nach ihr griff. Sie wollte nicht sterben, aber sie hatte auch keine Panik davor. Sie schaute auf den blauen Fleck auf ihrem Arm, der vom Blut abnehmen stammte. Ihr Blut war auch in Ordnung. Vielleicht wurde sie ja einfach nur verrückt. Sie stützte die Ellbogen auf die Knie, beugte sich nach vorne und legte ihr Gesicht in die Hände.

Wie lange sie dort gesessen hatte konnte sie später nicht mehr sagen, auch nicht, wann sie eingeschlafen war, aber an ihren Traum erinnerte sie sich später noch ganz genau:

 

Eine junge Frau, mit langen blonden Haaren, die ihr wie ein Zopf aus reifem Stroh an der Seite herabfiel ging mit hängenden Schultern an ihr vorüber. Sie summte eine traurige Melodie. Die Stimme eines Mannes rief einen Namen. Welchen, konnte sie später nicht mehr sagen. Das Bild der Frau verschwand und ein junger Mann erschien auf der Bildfläche. Er schaute sich suchen, nach allen Seiten um. „Geliebter“, hörte sie die Stimme des Mädchens flüstern, „wenn dein Blut, die Steine berührt und der Brunnen wieder Wasser gibt, wirst du dein Glück finden.“ Dann sah Lisa die beiden zerschmettert am Boden liegen. Erschrocken fuhr sie hoch.

 

„Hey! Kann ich ihnen helfen. Ihnen geht es doch nicht gut!“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Sie konnte gar nicht glauben, dass sie ihn nicht kommen gehört hatte. Es war so still. Nur die Vögel zwitscherten und von sehr weit entfernt hörte man das Schreien spielender Kinder. „Oh, es geht mir wirklich gut!“, versuchte sie ihn zu beruhigen. Noch beim Reden viel ihr die Ironie ihrer Worte auf, denn kurz zuvor war sie dabei gewesen, über ihren Tod nachzudenken und dann träumte sie von Blut und Tod. Sie lachte kurz und hart auf.

„Das scheint mir aber nicht so! Darf ich mich zu ihnen setzen?“ Er wartete nicht auf Antwort, sondern nahm seinen Rucksack ab, lehnte ihn gegen die Mauer und nahm neben ihr Platz.

Sie war regelrecht empört über seine Dreistigkeit. Viel zu schnell war sie aufgesprungen, hatte dabei das Gleichgewicht verloren und war ins Taumeln geraten. Wild ruderte sie mit dem Armen und  schlug dabei mit den Fingerknöcheln hart auf den Fels.

Wütend über den Kerl, wollte sie ihn nun schockieren. „Na gut!“ sagte sie und bemühte sich gelangweilt zu klingen. „Ich habe gerade über meinen Tod nachgedacht!“

Ihre Worte zeigten nicht die Reaktion, die sie erwartet hatte.  Er schaute ihr fest und ruhig in die Augen und sagte kein Wort.

Ihr kurzer Anflug von Zorn war vergangen. „Glauben Sie daran, dass im Leben alles zufällig geschieht, oder dass es für jeden einen Plan gibt?“ Er schwieg lange und sie dachte nicht, dass er noch antworten würde. aber die Frage war ein schwerwiegender Bestandteil des Lebens und er brauchte Zeit, um die richtige Worte zu finden. „Ich glaube, dass alles im Leben nur geschieht, weil wir es geschehen lassen. Ich denke jeder von uns hat seinen bestimmten Platz im Leben zugeteilt bekommen und innerhalb dieser Grenzen kann er seine Zukunft selbst lenken.“ Ich nickte und er fuhr fort. „Jeder von uns kann seine Geschichte umschreiben, so lange er die Grenze noch nicht überschritten hat.“ Sie schwieg und dachte darüber nach, als er weiter sprach: „Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als wir glauben. Im Übrigen, sie bluten.“ Er nahm ihre Hand. „ Kommen Sie mit. Weiter vorne ist ein Brunnen. Ich habe ein Notfallpack in meinem Rucksack, aber erst sollten wir das Blut abwaschen.“ Sie schaute nach unten und sah drei kleine rote Tropfen die zu Boden gefallen waren, und im gleichen Augenblick hätte sie schwören können, dass sie in der Ferne ein leises Summen vernahm.

Sie blickt den Fremden für einen Moment entgeistert an, ließ sich aber von ihm wegführen. Als sie durch den noch vorhandene Torbogen schritten und sie das Plätschern des Wassers vernahm, erschrak sie. Lisa hätte schwören können, dass vorher kein Tropfen aus dem Rohr in der Mauer gekommen war. Der Brunnen hatte noch nie Wasser gehabt, sooft sie auch schon hier gewesen war. Ihr war ja noch nicht einmal aufgefallen, dass an dieser Stelle ein Brunnen stand und sie war schon oft in der Hitze des Sommers hier oben gewesen. Er hielt ihre Hand unter das klare Wasser und die Oberfläche im Brunnen kräuselte sich. In den Spiegelungen der Bäume sah sie ein Gesicht. Entsetzt drehte sie sich um, aber da war niemand.

Sie fing wieder an zu reden, sagte Dinge, die sie gar nicht erzählen wollte: „Ich will überhaupt nicht, aber ich werde bald sterben.“ Schon taten ihr ihre Worte  leid. Verrückt! Wie konnte sie sich mit diesem Typ auf ein solches Gespräch einlassen?

„Daran sterben sie eben nicht“, meinte er, als wäre es das normalste von der Welt.  Er hatte ihr einen Verband angelegt und ihre Hand losgelassen.

 

Sie bedankte sich und wollte nur noch schnell aus dem Wald heraus und zu ihrem Auto.

„Darf ich sie noch ein Stück begleiten?“ Der Fremde war ganz schön hartnäckig, aber langsam fand sie Gefallen daran.

Auf dem Weg zum Parkplatz kamen sie an einem Grillplatz vorbei. „Wollen Sie sich nicht noch ein bisschen zu mir setzen. Auf der Feuerstelle dort ist noch Glut. Ich wollte mir Tee machen und vielleicht eine Bratwurst grillen.“

Plötzlich packte sie ihr inneres Teufelchen. ‚Warum nicht?’, dachte sie, ‚wenn du sowieso sterben musst, warum nicht noch ein bisschen Spaß haben. ‘

Es wurde ein schöner Abend. Sie redeten und lachten und jeder erzählte etwas aus seinem Leben. Sie erzählte ihm von ihrem Gesundheitszustand, von ihren Ahnungen, von der Krähe und von ihrer Großmutter, als wären sie Seelenverwandt. Inzwischen waren sie zum vertrauten „Du“ übergegangen. Er sagte nicht: „So ein Blödsinn! Alles Einbildung! Du spinnst!“ Nein er sagte. „Bitte versprich mir, dass du zum Arzt gehst.“ Als sie nicht antwortete, bohrte er weiter: „Versprichst du’s?“ Sie versprach es ihm.

Sie merkte gar nicht wie es dunkel es inzwischen geworden war. „Mensch, ich sollte nun aber langsam gehen.“ Sie stand auf.

Er erhob sich ebenfalls. „Wie weit ist es bis zu deinem Wagen? Du kannst doch nicht mitten in der Nacht allein durch den Wald laufen.“  Er verhielt sich wie ein echter Gentleman und brachte sie zu ihrem Wagen. Beim Abschied tauschten Sie ihre Emailadressen aus und er küsste sie zum Abschied auf die Wange, wie einen guten Freund.

 „Denk an dein Versprechen!“ ermahnte er sie.

„Ich werde gleich morgen einen Termin machen! Versprochen!“

In der Nacht träumte sie von ihm. Sie wanderten gemeinsam zwischen den Mauern der Ruine Rabenstein. Er hielt ihre Hand. Dann blieb er stehen und zog ihre Hand an den Mund. Sie blutete. Geliebte“, hörte sie seine Stimme, „wenn dein Blut, die Steine berührt und der Brunnen wieder Wasser gibt, wirst du dein Glück finden.“ Dann hörte sie ein Mädchen singen, ein Lied das von Hoffnung, Liebe und Glück erzählte. In ihrem Traum fühlte sie sich, wie schon lange nicht mehr glücklich und behütet und das Gefühl hielt auch in den nächsten Tagen an.

 

Das Ergebnis beim Arzt war leider, wie sie es erwartet hatte, sehr negativ. Sie hatte einen hohen Blutdruck und Herzrhythmusstörungen. Das teilte ihrem neuen Freund in ihrer ersten Email mit. Noch am gleichen Abend kam die Antwort von ihm. „Ich möchte dich sehen! Darf ich dich am Wochenende besuchen?“

Er kam am Freitagabend in seinem Geländewagen vorgefahren. Ohne abzuwarten packte er eine große Reisetasche und trug sie hoch. Sie verbrachten ein tolles Wochenende und sie war enttäuscht, dass er am Sonntagabend wieder gehen musste. Aber er zog sie in seine Arme. „Ich habe dir doch gesagt, dass man die Zukunft verändern kann. Ich werde dich von nun an öfter besuchen und aufpassen, dass du deine Tabletten regelmäßig nimmst. Und dann werde ich mit dir spazieren laufen und walken und schwimmen gehen. Wir kriegen dass schon wieder hin und du bleibst mir noch gaaaanz lange erhalten.“ Er küsste sie! Oh sie konnte gar nicht genug bekommen von diesen Küssen und noch während sie es dachte, flüsterte er nahe an ihrem Ohr. „Ich habe mich in dich verliebt, meine kleine Hexe!“

 

Der Albtraum der Angst war von ihrer Seele genommen worden und auch die Krähe war weiter gezogen. Nur manchmal in der Nacht sah sie ein Mädchen mit strohblonden Haaren, das ihr ein Lied von Liebe, Hoffnung und Glück sang und tief in ihrem Herzen, wusste sie: Alles wird gut!